Gynäkologischer Fall, Frühgeburt von Zwillingen

//Gynäkologischer Fall, Frühgeburt von Zwillingen

Gynäkologischer Fall, Frühgeburt von Zwillingen

Es ging um eine Frühgeburt als Folge eines Behandlungsfehlers. Betroffen waren neben der Mutter ihre Zwillinge.

Die Mutter der Zwillinge war in der 23. Woche mit Zwillingen schwanger. Bis dahin war es eine unkomplizierte Zwillingsschwangerschaft. Auch die Feindiagnostik bestätigte, dass es sich um 2 gesunde Kinder handelte. Die Mutter stellte sich dann mit starken Schmerzen in der Leiste im beklagten Krankenhaus vor. Es erfolgte eine Untersuchung. Man ging davon aus, dass eventuell ein Eileiter verklemmt sei und operierte die Mutter.

Es wurde eine Endoskopie durchgeführt. Zunächst versuchte man diese durch die Seite, was nicht gelang. Dann führte man die Endoskopie durch den Bauchnabel durch. Hierbei wurde der Uterus und die Fruchtblase des einen Zwillings beschädigt. Es erfolgte eine zweite OP weil die Naht ein Stück aufgegangen war. Die Mutter hatte starke Schmerzen.

Letztlich wurden die Zwillinge in der 26. Woche per Kaiserschnitt entbunden, da ein weiteres Abwarten nicht mehr möglich war, da die Fruchtblase nun komplett aufgegangen war. Ein Zwilling wog 996 g. Der andere Zwilling wog 1.091 g.
Beide haben natürlich Schäden durch die viel zu frühe Geburt mitbekommen Bei einem war die Lunge nicht voll entwickelt. Der andere hat eine Kopfdeformität wegen der schlechten Lagerung, die wegen der vielen Schläuche nur eingeschränkt möglich war, und trug eine entsprechende Kopforthese. Zudem musste er am Herzen operiert werden. Die Augen mußten gelasert werden, da sich die Netzhaut sonst abgelöst hätte.

Wie die geistige Entwicklung weiterhin sein wird, bleibt abzuwarten. Eine Entwicklungsverzögerung war aber gegeben. Beide besuchten in einer Kindertagesstätte eine Integrationsgruppe. Sie wurden zudem relativ spät eingeschult. Geistig behindert waren sie aber nicht.

Behandlungsfehler

Es gab mehrere MdK – Gutachten, die sämtlichst Behandlungsfehler bestätigten. Danach
wurde die OP nicht fachgerecht durchgeführt. Es kam  behandlungsfehlerhaft zu der
Verletzung der Fruchtblase.

Es erfolgte nämlich ein blindes Einstechen des Optiktrokars, was niemals hätte
durchgeführt werden dürfen. Hier hätte die offene Laparoskopie durchgeführt werden
müssen.

Schaden

Bei standardgerechter Behandlung wäre der Behandlungsverlauf so nicht eingetreten.
Die Folgen waren:

  • die viel zu frühe Entbindung der Zwillinge
  • und dadurch bedingte Entwicklungsverzögerung sowie die bereits oben benannten weiteren Behandlungsnotwendigkeiten aufgrund der gravierenden Gesundheitsstörungen, die im gesamten Ausmaß auch für die Zukunft noch nicht gänzlich zu eruieren sind
  • die zweite OP für die Mutter, als die Naht nochmals genäht werden musste,
  • die beeinträchtigte Psyche der Mutter
  • die OP des einen Zwillings.

Problematisch war der Nachweis der Kausalität, da nicht gesagt werden konnte, dass diese Schäden nicht auch bei fachgerechter Behandlung eingetreten wären.

Alle Gutachter (auch der Gerichtsgutachter) bestätigten aber einen groben Behandlungsfehler, der zur Umkehr der Beweislast geführt hat. Zwar handelte sich die Frühgeburt als solche nicht um einen Primärschaden (das war die Verletzung des Uterus), jedoch um einen nahe gelegenen Sekundärschaden, auf den sich die Beweislastumkehr noch ausdehnte.

Gerichtlich verglichen wir uns auf eine Zahlung jeweils für einen Zwilling i.H. von 220.000 EUR und für die Mutter auf eine Zahlung i.H. von 30.000 EUR (= 470.000 EUR).

By | 2017-06-26T17:17:23+02:00 Juni 26th, 2017|2017|0 Comments